MÜNCHEN - Alphatiere sollte man nicht vergleichen, bestenfalls die Liga veranschaulichen. War es einst in Paris Alexandre, der größte Figaro, so konnte sich in Deutschland Gerhard Meir, ein Mittelding zwischen Harpe Kerkeling und Elton John, einen Champions-Titel ans Revers stecken. Trockenhauben-Turbo „Wuppi“ (Spitzname im Freundeskreis), dessen Scherenhände über drei Jahrzehnte auf den Köpfen der Superreichen, Schönen und Sorglosen wie Klum, Schiffer,Crawford, Boenisch, Burda oder Becker tanzten, verließ, so hart ist das Leben, ganz überraschend seine Schnittstelle und ging in die andere Welt.
Das löste ein Meer von 'Tränen aus bei den Damen der großen weiten Welt und einen Ansturm von Münchens kompletter Pressefotografen-Riege. Zur Trauerfeier in Meir’s Lieblings-Kirche St. Ludwig erschienen, covid-korrekt platziert, 200 Ladies, an der Spitze kaiserliche und königliche Hoheiten, sowie überschaubare Herren und ein paar Gentlemen, bei denen im Pass divers steht. Die modern fein ausgerichtete Messe mit „ Ave Maria“ ( gesungen von Marie Gabrielle Gräfin von und zu Arco- Zinneberg ) und Tuba- Klavier- und Orgel-Tönen sowie feierlichem 65maligen Läuten der Ludwigsglocke hätte der Verstorbene nicht besser inszenieren können. Nachdem Gerhard vor sechs Wochen plötzlich seine Erbschaft in den Medien kund tat, hätte man vermuten können, dass er hier selbst seine Hand im Spiel gehabt hat. In seinen Salons war ja mmer großer Raum für Kunst, gekonnt integriert ein US-Gemälde „Swimmingpool“ oder ein „Faun“. Die Klasseleistung dieser Trauerfeier gebührt Gerhards rechte und linke Hand, Christian Bräuer und Zekiye Iorio.
Angefangen hatte Gerhard Meir in einem begehrten Hinterhof gleich neben dem Stadthäuschen des verstorbenen Filmproduzenten Horst Wendlandt , ein Steinwurf vom Siegestor entfernt. Zuvor war der blutjunge Gerhard schon ausgebuchter Hair-Stylist bei MCM-First-Lady Mara Cromer, bei der er gelernt hat. Zusammen mit Freund Sigi Jorzik startete er das Unternehmen. Schön aufgeteilt,: der eine fürs Kreative, der andere fürs Kaufmännische. Sigi kontrollierte über zwei Jahrzehnte die Moneten des bienenfleißigen Gerhard, der in seinen Salons (später in Hamburg und Berlin, letztlich negativ) rackerte, was das Zeug hielt, klonte, föhnte und tönte. Später trennten sich die beiden, als sie noch in einer Herzogpark-Villa (Besitzer: Hotelier Volkhardt) lebten, nach Szenen einer „ Ehe" und einem Rosenkrieg. Heute wohnt Sigi zurückgezogen mit seinem langjährigen Freund in Münchens Schillerstrasse.
Auch dann auf sich selbst gestellt, föhnte und wirbelte Meir auf der Überholspur. Gnadenlos, ohne Pause. Die Stars vertrauten ihm ihre Haare an und ihre Geheimnisse, ließen ihn an ihre Kopfhaut und auf ihre Partys. Gerhard wuselte herum, frisierte und oft waren die Übergänge fließend zu seinen Kundinnen, für die er zum Vertrauten wurde. Ob Schuppen oder Seitensprung, er wusste alles, war viel mehr als ein Friseur, außer Haarkünstler auch Beichtvater, Therapeut, Philosoph, Verbündeter, Entertainer.
Gerhards großes Debüt in der Münchner Society fand Ende der 70er Jahre im „Regina“-Hotel statt, wo 386 Damen und 35 Herren die bevorstehende Hoch-Zeit des Figaro erlebten, der sich erstmals live der weißblauen Bussi-Bussi-Szene als der neue Haarschneider vorstellte. Er saß da wie ein Pennäler mit rot angelaufenen Wangen. Die schönsten Damen schmeichelten ihm und plötzlich weinte er wie heute gelegentlich Kicker-Star Cristiano Ronaldo, wenn ein Spiel verloren geht. Es waren Glückstränen. Kurze Zeit später kreierte er die Turmfrisuren mit "Versuchskaninchen" Gloria, die europaweit Berühmtheit erlangten.
G.M.'s Schnittkunst schien beim weiblichen Geschlecht Suchtgefahr auszulösen. Alle, mit denen er sich in die Haare kam, wurden zu Stammkundinnen. Nur die damalige „Bunte“-Direktorin Patricia Riekel sprang ihm von der Schere und legte ihr blondes Haar Udo Walz zu Füßen, dem Berliner Haarspalter, der angeblich TV-Journalistin Sabine Christiansen und Kanzlerin Angela Merkel betreut. Selbst die Köpfe der betagtesten Ladys bugsierte der Figaro, stets aufgekratzt und laut lachend, nach hinten und vorn, griff durch die Haare, als würde er Teig kneten, dazu lautstarke Gespräche im Stakkato-Stil, hier eine schnelle Zigarette (Kettenraucher Meir zog an jeder Kippe nur fünf Mal), da ein Glas Wein, "wie geht’s dem Hund", den Kindern, der Geliebten. Waschen, Schneiden, Frönen.
So trauerte die "Familie" am Tag der "Deutschen Einheit", am 3. Oktober 2020: Fürstin Gloria von Thurn und Taxis (mit Plastik-Maske) bei der Feier in Reihe 1 auf der linken Seite wie auch Maria Beatrice Gräfin von und zu Arco-Zinneberg, deren Tochter auf der Empore sang, und auf der rechten Seite eine der treuesten Freundinnen von Gerhard und in Behandlung seit Gerhards Anfang, „Henkel“-Nachfahrin Nanette Gehrig. Dahinter war zwischen vielen blonden „ Le Coupe“-Kundinnen sowie Wirtin und Witwe Traudi Kustermann, der zeitlos gut aussehende Philipp von Studnitz (mit seiner Mama ,Theodora), platziert worden, der lange Jahre Thurn und Taxis’schen-Familienanschluss genoss. Weitere Trauergäste: Christa Prinzessin von Preußen, Elisabeth Prinzessin zu Sachsen-Weimar, Susanne von Wechmar, die Schauspieler Michaela May und Ilona Grübel und Strumpf-Fabrikant Paul Falke mit Frau Kristina und Star-Friseuse Violetta ( mit Jean Seberg kurzem "Außer Atem"-Haarschnitt), die bei Gerhard gelernt hat und seit Jahren einen eigenen Salon in München führt
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