WAHRHEIT TAMARA

MÜNCHEN - Der im März 2015 in den weißblauen Himmel gegangene Kult-Regisseur Helmut Dietl ("Kir Royal") kann sich nicht mehr wehren oder es zurechtrücken. Im Moment ist größeres Aufleben zu registrieren. Von Medienvertretern, die ihn gar nicht gekannt haben, befördern ihn dieser Tage zum Halbgott Münchens.

An der Spitze wirbelt und wieselt Tamara Dietl, die letzte Frau des Filmemachers, die in Selbstdarstellung sogar Roberto Blanco in den Schatten stellt und bereits die Wahrheitsfindung in Frage stellt, wenn sie "Guten Morgen" sagt. 20 Monate nach dem Tod hat sie jetzt eine Nicht-Vergessen-Ausstellung im Literaturhaus in München aus dem Nichts gezaubert und Dinge in die Welt gesetzt, die einfach nicht stimmen können. Tamara schwärmt zum Beispiel davon, mit Helmut in dessen Haus in Eichenried zusammengelebt zu haben, da war die mit Vroni Ferres (ihre Vorgängerin) gemeinsam erworbene Villa bereits verkauft.

In dem von Gschaftlhuberin Tamara unvollendeten Dietl-Werk, das in der Spiegel-Liste erst auf Platz 17, dann auf 13 war und jetzt wie über Nacht verschwunden ist, behauptet die Witwe kess, mit Helmut das Nächtliche geteilt zu haben, als "Superweib" Vroni noch mindestens zwei Jahre die Dietl-Lebensgefährtin war. Man muss nur ihr Schriftstellerisches nachrechnen. Eine 24 monatige Parallel-Liebe hätte heisse Probleme an Schnitt-Tagen wie Weihnachten und Neujahr ausgelöst. Dem scharfsinnigen Dietl-Clan wäre bestimmt was aufgefallen.

Eine glatte Unwahrheit in der dürftigen Ausstellung ist auch die Behauptung, dass Helmut Dietl seinen Vertrag für den 65-Millionen-Mark-Film "Die unendliche Geschichte" (Michael Ende) zurückgegeben habe. Das Gegenteil ist geschehen. Für die größte Enttäuschung sorgte sein Freund und Produzent des Großprojekts, Bernd Eichinger: Ohne mit der Wimper zu zucken, feuerte er Dietl und engagierte Regisseur Wolfgang Petersen.

Eine Erweiterung der "Kir Royal"-Serie, wie jetzt neuerdings in der Presse angedeutet, kam übrigens niemals zustande, obwohl noch genügend Material zur Verfügung gewesen wäre. Zunächst lehnte der WDR, für den Produzent Jürgen Dohme "Kir Royal" herstellte, weitere sechs Folgen ab, weil man Klagen bei den ersten Filmen befürchtet hatte. Es kam aber zu keiner juristischen Maßnahme. Es klagten nur einige namhafte Zeitgenossen, die in der Society-Satire nicht beleuchtet worden waren. Als der Sender schließlich für eine Fortsetzung bereit war, wollte Helmut Dietl nicht mehr. Als beleidigte Leberwurst lehnte er ab und verarbeitete seine neue Vorliebe dieser Szenerie für Projekte wie "Rossini", "Late Night Show" oder zuletzt "Zettl".