DEUTSCHLANDS BERÜHMTESTER LUMPENSAMMLER BLEIBT UNVERGESSEN
MÜNCHEN - Erst strahlt der Himmel blau mit ein paar weißen Wölkchen, was München - wie bekannt - zur schönsten Stadt der Welt macht. Dann regnet es nach zwei Stunden übergangslos, was wie ein großen Weinen wirkt. Eine passende Geste für den Abschied eines Großen.Ein wertvoller Mensch, wie es ihn pro Generation nur selten gibt, ist gegangen: Manfred Schreiber, der Sheriff, der Großstadt-Cowboy, vom Aussehen glatt mit Kirk Douglas verwandt. Sein Gesicht hat seit Jahrzehnten München interessant und eigenwillig gemacht. Es ist schade, dass der berühmteste Lumpensammler Deutschlands und Bändiger der Schwabinger Krawalle Servus sagte.
In einem Meer von Blumen und Kränzen liegt der Verstorbene in einem hellen Holzsarg in der Aussegnungshalle, wo rund 500 Trauergäste aus der A-Liste Abschied sagen. An der Spitze Innenminister Joachim Herrmann, Oberbürgermeister Dieter Reiter, Staranwalt und Top-Politiker Peter Gauweiler und CSU-Medizinmann Thomas Zimmermann. In der ersten Reihe sitzt die Familie mit der blonden Witwe Elfriede die cool aussieht wie Kim Novak. Es gibt nach den Trauerreden und dem Männerchor eines Polizei-Corps keinen Weg zum Grab. Schreibers Leichnam wird verbrannt und die sterblichen Überreste erhalten in Kürze hoffentlich einen Platz auf dem Bogenhausener Friedhof. dem schönsten Gottesacker. Wenn es für Schandi Mandi dort keine letzte Ruhe geben würde, müssen wir halt einen umbetten.
Elfriede Schreiber steht am Ausgang der Aussegnungshalle. Die Augen hinter einer Sonnenbrille, drückt die Witwe, in einem Designer-Schwarzen mit lang über dem Knie, jedem der Trauergäste die Hand und lädt zum Leichenschmaus in das Restaurant "Seehaus". Die Hausherren der Gasstätte, Großgastronom Roland Kuffler und seine Frau Buick, sind gekommen. Bandscheiben-Ingenieur Wolfgang Pförringer, der die Trauerrede für den Freundeskreis gehalten hat, herzt und küsst Elfriede. Dahinter warten zum Shakehand Ex-FDP-Streiter Manfred Brunner, Daimler-Berater Karl Dersch, Bier-Patriarch Franz Inselkamer, Adolf H. Winderl ("Fairness Stiftung") , TV-Ärztin Antje-Katrin Kühnemann, Ex-Bürgermeister Ekkehard Müller-Heidenreich, Polizeisprecher Wolfgang Wenger, Hofjuwelier Max Heiden und TV-Haferlgucker und Gastronom Putzi Holenia ("Paulaner im Tal") sowie Fabrikant Franz Haushofer.
Mit 88 Jahren ist Manfred Schreiber gestorben, gerade als er nach der 3:0-Bayern-Pleite vor ein paar Abenden ins Bett gehen wollte. Seine Frau, die perfekte Medizinerin Elfriede Tochtermann, kann schon noch den Notarzt eingreifen lassen, aber im Bogenhausener Krankenhaus schließt der eigentlich unverwüstliche Mandi die Augen für immer. In seiner Amtszeit von 1963 bis 1983 fällt die erste Geiselnahme Deutschlands in der Prinzregentenstraße, das Olympia-Attentat und der Anschlag auf das Oktoberfest. Bei der SPD, zu der er nie gepasst hat, ist er später wieder raus. Sein Leitsatz: "Wir san liberal, aber net bled ". Auf dem Tennisplatz ist Schreiber ein Crack und gewinnt eine Original-Dali-Skulptur, ein Unikat-Preis, der beim spektakulären Turnier "Greater Cup" ausgespielt wurde.
Ich habe den Sheriff immer wieder getroffen, zuletzt vor rund zwei Wochen am Stammtisch mit Fabrikant Franz Haushofer in Putzis Bierburg "Paulaner im Tal". Er war die ganze Zeit ein väterlicher Freund zu mir, auch in den schmerzlichsten Tagen. Drei Anekdoten der besonderen Art sind mir noch glasklar in Erinnerung:
+++ In den 60er Jahren entlarvt er mich, als ich mir für eine Reportage als Handwerker verkleidet Zugang bei Ministerpräsident Alfons Goppel, danach bei OB Hans Jochen Vogel und zuletzt beim Polizeipräsidenten himself verschaffe. Während Landesvater und Rathaus-Chef mich und meinen Fotografen als Heizungsarbeiter in seinen Büros ungeniert werken lassen, macht Schreiber kurzen Prozess: "Das ist doch der von der AZ".
+++ "FC Bayern"-Pionier Rudolf Houdek fuhr mit seinem damals angesagten Mercedes 6.9 nach Mailand und parkte das teuere Stück vor dem Luxus-Hotel in der Innenstadt. Am nächsten Tag war der Wagen verschwunden. Houdek telefonierte mit Freundin Waggi:" Fahr mit dem anderen 6.9 und komm her, meinen haben sie hier gestohlen". Diesmal wurde der zweite Mercedes in der Hotel-Garage "sicher" abgestellt. Falsch gedacht. Am nächsten Morgen war auch dieser Wagen weg. Houdek wollte daraufhin Franz Beckenbauer warnen und erhielt Spott. "Ich fahre mit meinem Mercedes 6.9, wo denkst Du hin, und parke ihn vor meinem Motel, direkt vor dem Fenster, wo ich schlafe." Gesagt getan. Auch dieses Auto löste sich am nächsten Morgen in italienisches Wohlgefallen auf. Polizeipräsident Manfred Schreiber, der zum Treffen mit Houdek und Beckenbauer anreiste, kam mit seinem blauen Dienstwagen nach Mailand. Kaum zu glauben: Auch sein Auto war anderntags weg. Da begann der Sheriff wild zu telefonieren. Und das auch kaum zu glauben: Wie durch ein Wunder war das Polizeiauto nach drei Stunden wieder da. Die drei Mercedes-Limousinen blieben allerdings verschollen.
+++ Die AZ und SZ stritt sich öffentlich in ihren Organen wegen des amerikanischen Filmfestivals (heute in Deuville), das immer nach der Wiesn geplant war. Die Berufsjugendlichen des deutschen Films waren dagegen, obwohl sie von den Marktführern profitieren hätten können. Der Taufakt des Festivals mit Geraldine Chaplin und Gert Fröbe war ihnen ein Dorn im Auge. Die "Süddeutsche" nannten die Organisatoren Alfred Wurm (Modewoche), OB Erich Kiesl und mich, Baby Schimmerlos, der die Kontakte der größten US-Filmfirmen zum Nulltarif herstellte, als "Spesenritter". Den Flug mit Concorde bezahlte nonchalant Fabrikant Franz Haushofer, verursachte praktisch Steuern und sparte Geld aus dem Rathaus-Topf. Deiring, SZ-Chef vom Dienst, und bekannt für ( meist unerwünschte) Hautnähe bei Damen, denen er begegnete, ließ immer wieder das Wort "Spesenritter" drucken. Da wollte ich in der Kolumne zurückschlagen. Aber mein Chefredakteur Udo Flade wollte friedliche Koexistenz und schlug vor, dass ich - bezahlt - für zwei Wochen Urlaub machen sollte. Bereits am ersten Tag meiner "Pause" meldete sich Manfred Schreiber und lud mich ins "Boettner", dem feinsten Restaurant Münchens."Mir ist egal, ob Sie gefeuert sind oder nicht. Ich möchte mit Ihnen essen". Ich war es nicht, sondern nur zornig.Von Flade gebändigt.
In einem Meer von Blumen und Kränzen liegt der Verstorbene in einem hellen Holzsarg in der Aussegnungshalle, wo rund 500 Trauergäste aus der A-Liste Abschied sagen. An der Spitze Innenminister Joachim Herrmann, Oberbürgermeister Dieter Reiter, Staranwalt und Top-Politiker Peter Gauweiler und CSU-Medizinmann Thomas Zimmermann. In der ersten Reihe sitzt die Familie mit der blonden Witwe Elfriede die cool aussieht wie Kim Novak. Es gibt nach den Trauerreden und dem Männerchor eines Polizei-Corps keinen Weg zum Grab. Schreibers Leichnam wird verbrannt und die sterblichen Überreste erhalten in Kürze hoffentlich einen Platz auf dem Bogenhausener Friedhof. dem schönsten Gottesacker. Wenn es für Schandi Mandi dort keine letzte Ruhe geben würde, müssen wir halt einen umbetten.
Elfriede Schreiber steht am Ausgang der Aussegnungshalle. Die Augen hinter einer Sonnenbrille, drückt die Witwe, in einem Designer-Schwarzen mit lang über dem Knie, jedem der Trauergäste die Hand und lädt zum Leichenschmaus in das Restaurant "Seehaus". Die Hausherren der Gasstätte, Großgastronom Roland Kuffler und seine Frau Buick, sind gekommen. Bandscheiben-Ingenieur Wolfgang Pförringer, der die Trauerrede für den Freundeskreis gehalten hat, herzt und küsst Elfriede. Dahinter warten zum Shakehand Ex-FDP-Streiter Manfred Brunner, Daimler-Berater Karl Dersch, Bier-Patriarch Franz Inselkamer, Adolf H. Winderl ("Fairness Stiftung") , TV-Ärztin Antje-Katrin Kühnemann, Ex-Bürgermeister Ekkehard Müller-Heidenreich, Polizeisprecher Wolfgang Wenger, Hofjuwelier Max Heiden und TV-Haferlgucker und Gastronom Putzi Holenia ("Paulaner im Tal") sowie Fabrikant Franz Haushofer.
Mit 88 Jahren ist Manfred Schreiber gestorben, gerade als er nach der 3:0-Bayern-Pleite vor ein paar Abenden ins Bett gehen wollte. Seine Frau, die perfekte Medizinerin Elfriede Tochtermann, kann schon noch den Notarzt eingreifen lassen, aber im Bogenhausener Krankenhaus schließt der eigentlich unverwüstliche Mandi die Augen für immer. In seiner Amtszeit von 1963 bis 1983 fällt die erste Geiselnahme Deutschlands in der Prinzregentenstraße, das Olympia-Attentat und der Anschlag auf das Oktoberfest. Bei der SPD, zu der er nie gepasst hat, ist er später wieder raus. Sein Leitsatz: "Wir san liberal, aber net bled ". Auf dem Tennisplatz ist Schreiber ein Crack und gewinnt eine Original-Dali-Skulptur, ein Unikat-Preis, der beim spektakulären Turnier "Greater Cup" ausgespielt wurde.
Ich habe den Sheriff immer wieder getroffen, zuletzt vor rund zwei Wochen am Stammtisch mit Fabrikant Franz Haushofer in Putzis Bierburg "Paulaner im Tal". Er war die ganze Zeit ein väterlicher Freund zu mir, auch in den schmerzlichsten Tagen. Drei Anekdoten der besonderen Art sind mir noch glasklar in Erinnerung:
+++ In den 60er Jahren entlarvt er mich, als ich mir für eine Reportage als Handwerker verkleidet Zugang bei Ministerpräsident Alfons Goppel, danach bei OB Hans Jochen Vogel und zuletzt beim Polizeipräsidenten himself verschaffe. Während Landesvater und Rathaus-Chef mich und meinen Fotografen als Heizungsarbeiter in seinen Büros ungeniert werken lassen, macht Schreiber kurzen Prozess: "Das ist doch der von der AZ".
+++ "FC Bayern"-Pionier Rudolf Houdek fuhr mit seinem damals angesagten Mercedes 6.9 nach Mailand und parkte das teuere Stück vor dem Luxus-Hotel in der Innenstadt. Am nächsten Tag war der Wagen verschwunden. Houdek telefonierte mit Freundin Waggi:" Fahr mit dem anderen 6.9 und komm her, meinen haben sie hier gestohlen". Diesmal wurde der zweite Mercedes in der Hotel-Garage "sicher" abgestellt. Falsch gedacht. Am nächsten Morgen war auch dieser Wagen weg. Houdek wollte daraufhin Franz Beckenbauer warnen und erhielt Spott. "Ich fahre mit meinem Mercedes 6.9, wo denkst Du hin, und parke ihn vor meinem Motel, direkt vor dem Fenster, wo ich schlafe." Gesagt getan. Auch dieses Auto löste sich am nächsten Morgen in italienisches Wohlgefallen auf. Polizeipräsident Manfred Schreiber, der zum Treffen mit Houdek und Beckenbauer anreiste, kam mit seinem blauen Dienstwagen nach Mailand. Kaum zu glauben: Auch sein Auto war anderntags weg. Da begann der Sheriff wild zu telefonieren. Und das auch kaum zu glauben: Wie durch ein Wunder war das Polizeiauto nach drei Stunden wieder da. Die drei Mercedes-Limousinen blieben allerdings verschollen.
+++ Die AZ und SZ stritt sich öffentlich in ihren Organen wegen des amerikanischen Filmfestivals (heute in Deuville), das immer nach der Wiesn geplant war. Die Berufsjugendlichen des deutschen Films waren dagegen, obwohl sie von den Marktführern profitieren hätten können. Der Taufakt des Festivals mit Geraldine Chaplin und Gert Fröbe war ihnen ein Dorn im Auge. Die "Süddeutsche" nannten die Organisatoren Alfred Wurm (Modewoche), OB Erich Kiesl und mich, Baby Schimmerlos, der die Kontakte der größten US-Filmfirmen zum Nulltarif herstellte, als "Spesenritter". Den Flug mit Concorde bezahlte nonchalant Fabrikant Franz Haushofer, verursachte praktisch Steuern und sparte Geld aus dem Rathaus-Topf. Deiring, SZ-Chef vom Dienst, und bekannt für ( meist unerwünschte) Hautnähe bei Damen, denen er begegnete, ließ immer wieder das Wort "Spesenritter" drucken. Da wollte ich in der Kolumne zurückschlagen. Aber mein Chefredakteur Udo Flade wollte friedliche Koexistenz und schlug vor, dass ich - bezahlt - für zwei Wochen Urlaub machen sollte. Bereits am ersten Tag meiner "Pause" meldete sich Manfred Schreiber und lud mich ins "Boettner", dem feinsten Restaurant Münchens."Mir ist egal, ob Sie gefeuert sind oder nicht. Ich möchte mit Ihnen essen". Ich war es nicht, sondern nur zornig.Von Flade gebändigt.
13. Mai 2015