80 JAHRE: BERLIN BELEUCHTET ÜBERMENSCH WITZIGMANN

Der Meister aller Klassen: Eckart Witzigmann wird wie ein Staatsmann gefeiert. Er hat München den Rücken gekehrt und lebt am Tegernsee. Fotos: Christian Schneegaß, Nico Rechenberg
Eine Riesen-"80" aus geflochtenem Gemüse: Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann.
Die Gratulanten der ersten Reihe mit ihrem "80er": KPM-Hotel-Chef Tobias Berghäuser, Hans Peter Wodarz, Witzigmann, KPM-Big-Boss Jörg Woltmann, TV-Koch Tim Mälzer (v.l.)
Freunde wurden herzlich umarmt: Witzigmann und Münchens Gastro-Entertainer Sepp Krätz
Von ihm stammte die Idee, den Jahrhundertkoch in Berlin zu feiern: Küchenkünstler und Witzigmann-Schüler Hans Peter Wodarz.
Es gab sogar einen eigenen Witzigmann-Kaviar.
"Yello"-Star und "Steak-Fleisch-Produzent Dieter Meier macht jetzt auch Schokolade.
Witzigmann-Gäste (v.i.) Sepp Krätz, Bergfex Reinhold Messner, TV-Koch Tim Mälzer und Messner-Ehefrau Diane.
Mitternachts-Überraschung: Bunnies vom "Playboy", die es immer noch in Berlin gibt.

BERLIN - Charmant gesagt, waren zweimal 40 Jahre  bei Eckart Witzigmann zu feiern und seine  konstanten 60 Jahre kulinarisches Wirken. Ehrensalut? Feuerwerk?  Nichts davon, München verhielt sich still wie der Westfriedhof. Es gab weder einen Empfang bei Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder (CSU), noch einen Festakt von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD).  Bei der internationalen VIP-Personalie Witzigmann leuchtete München erbärmlich. Die Stadt mit Herz, Nerz und Schmerz kann sich schämen.

Dagegen hatte es sich Monacos südliche "Nachbarstadt" Salzburg nicht nehmen lassen, den Küchenkünstler mit einer unvergesslichen Soiree (Ordensverleihung inklusive) zu ehren und jetzt hieß es  für Berlin Noblesse oblige. Die Hauptstadt gab überraschend Gas und sprengte  Grenzen eines Weltklasse-Events für den "Schwarzen Einser" der Gourmet-Szene.  Muß doch sein: Wer hat schon einen Jahrhundertkoch,  den Pionier der Haute Cuisine in Deutschland. "Sicherheitshalber" wurde  Caterer "Dallmayr" aus München eingeflogen. Schauplatz war die "Königliche Porzellan-Manufaktur", dem neuen KPM-Quartier gleich beim Zoo.  600 Gäste erschienen zum Gratulieren, darunter Politiker, Prominente, 100 Spitzenköche und die meisten Besitzer von Berlins "In"-Restaurants von "Duc" bis "Curry 36". Die Spree-Metropole kann inzwischen stolz von sich behaupten,  Deutschlands Feinschmecker-City Nr.1 zu sein und hat dem langjährig früheren Spitzenreiter München einen verbraten.

Party-Karajan Hans Peter Wodarz (" Palazzo Berlin"), einst mit der "Ente im Lehel" in München und Wiesbaden eine Marke geworden, arrangierte  das Fest und hatte das Glück, einen herrlich sonnigen Tag zu haben. Als souveräne Gastgeber strahlten KPM-Big-Boss Jörg Woltmann und Hotel-Chef Tobias Berghäuser. Eckart Witzigmann, im blauen Einreiher und happy wie schon lange nicht mehr, trat ins Rampenlicht und wurde er mit prasselndem Applaus empfangen.  Ecki lächelte in alle Richtungen und stand allein auf einer Bühne, die mit  einer riesigen, aus frischem Gemüse geflochtenen Zahl  "80" geschmückt war. "Es gibt eine kulturelle, kulinarische Zeitrechnung in Deutschland vor und nach Witzigmann", sagte Wodarz, zum großen Tag in einen Cut gewandet. 

Es folgten zehn kurze, knackige Ansprachen, darunter meldete sich neben Bergfex Reinhold Messner der frühere Berlin-Chef Klaus Wowereit:" Heute ist Berlin mit zwei Restaurants in der "Pellegrino"-Liste der "The World's Best 50 Restaurants" vertreten. Darauf können wir nur stolz sein, weil Witzigmann die Pionierarbeit geleistet hat." Aus Zürich reiste "Yello"-Legende Dieter Meier, der neuerdings  öfters in Berlin zu tun hat. Der nebenberuflich erfolgreiche "Steakfleisch"-Produzent mit Produkten aus eigener argentinischer Zucht betreibt an der Spree die zwei Restaurants "Torbar" und "Ojo de Agua". Der Schweizer  verriet:" Ich war überglücklich als Witzigmann vor zwei Jahren nach einem Testessen für mein Fleisch den Daumen hob." Er brachte Ecki hochreine Schokolade mit 90 Prozent Kakao mit, eine selbstgemachte, und erklärte:" Ich baue gerade eine grosse Manufaktur in Zürich, mit der wir die Schokoladenbranche revolutionieren: Ohne Zuckerbeimischungen und Streckmittel wie das üblicherweise gemacht wird". Ich glaube, Lindt wird sich warm anziehen.

Seit Jahrzehnten kenne ich Witzigmann  und traf ihn erstmals bei Wodarz in dessen Münchner Restaurant "Ente im Lehel", wo ich einmal mit "Beatle"George Harrison beim Essen war.  Schon immer auf exklusive Storys scharf, hatte ich das große Glück als erstem Witzigmann verraten zu können, daß er mit dem dritten "Michelin"-Stern ausgezeichnet worden ist. Ich hatte gute "Beziehungen" mit dem Verlag in Karlsruhe, der die rote Gourmet-Bibel herausbrachte. Die Sensation erfuhr ich diskret weit vorher. Optisch half ich für diesen Knüller  in meiner Kolumne etwas nach und hatte auf dem abgebildeten Witzigmann-Ausriss des bisherigen "Michelin" frech einen Stern dazugeklebt und es wirkte, als sei es schon die Seite  der neuen Ausgabe. Am Abend vor dem Erscheinen der AZ rief ich Eckart an und störte ihn mitten in seiner aufreibenden Arbeit in der Küche: "Kauf morgen die "Abendzeitung." Da stehst Du drin, dass Du der erste Koch Deutschlands mit der Höchstnote "Drei Sterne" geworden bist".  Er konnte es kaum glauben und besorgte sich den Abend-Andruck, in dem fett stand: "Witzigmann hat 3 Sterne". Eckart Witzigmann war platt,stolz und selig zugleich.

Gesichtet bei der Berliner Witzigmann-Gala: Berlins regierender Bürgermeister Michael Müller, Prinz Eduard von Anhalt, Ex-Außenminister Joschka Fischer, ("Grüne") Baron Helmut von Finck, Schauspieler Claus Theo Gärtner, Wiesn-Wirt und "Andechser"-Chef Sepp Krätz ( einst "Hippodrom"), Gräfin Rothkirch, "Dallmayr"-Chef Florian Randlkofer mit Frau, Box-Weltmeisterin Ikram Kerwat,  Fußball-Trainer Christoph Daum  , Andree Deissenberg ("Crazy Horse", Paris), die lebenden Denkmäler Eva & Adele, Blumenkünstler Andrej Rein und Verleger Jürgen Pichler ( überreichte E.W. die  Trophäe "Inspiration Chef of the Centrury"). Ganz zum Schluß versprühten Bunnies vom "Playboy" ein bißchen dolce Vita.